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Sehr aufschlussreicher Erfahrungsbericht einer KZ-Überlebenden. (BB) Ella Lingens, Wienerin und Sozialdemokratin, Juristin und Ärztin, versteckte ab 1938 jüdische Freunde, um sie vor dem "Transport" zu schützen. Von einem Spitzel verraten, wurde sie wegen "Judenbegünstigung" verhaftet und kam 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz. Ihre Funktion als Häftlingsärztin nützte sie, um Kranke vor der Selektion und Ermordung zu bewahren. Sie schildert ihre Erfahrungen von Kriegsbeginn bis zur Befreiung der KZs durch die Amerikaner. Bemerkenswert ist ihr Bemühen um eine gerechte Beurteilung, sie vermeidet jede allzu einfache Einteilung in Gute und Böse. Auch unter den SS-Leuten gab es welche, die den Häftlingen jede nur mögliche Hilfe zuteil werden ließen und unter den Inhaftierten gab es Menschen, die andere verrieten. Der These Daniel Goldhagens, dass die Mehrheit willige Vollstrecker der Anordnungen Hitlers gewesen seien, hält sie ihre Erfahrungen entgegen. Goldhagen kenne diese Zeit nur aus Papieren und könne so nicht beurteilen, wie viel Widerstand es lautlos und ohne viel Aufhebens gegeben habe. Es sei unseriös, den Widerstand als geringfügig zu qualifizieren. Sehr aufschlussreich sind ihre Schilderungen bezüglich der Organisation und Verwaltung des Lagers, der oft widersprüchlichen Strategien der Nazis, der Machtkämpfe zwischen den Inhaftierten. Wer es nicht schaffte, sich eine privilegierte Stellung zu erkämpfen, hatte ihren Erfahrungen zufolge keine Überlebenschance. Ein bedeutendes Zeitdokument, dem viele Leser zu wünschen sind. *bn* Gabriele Reifinger |
